15.01.2022, 14:28   #1

Hobbyfotograf

Ein Kommentar zu einem meiner Photos inspirierte mich zu diesem Thema.

Wie groß war die Aufregung als ich vor mehr als 50 Jahren meinen ersten Film aus der Entwicklerdose nahm, welche ich zuvor unter Anleitung mit den unterschiedlichen Flüssigkeiten befüllt, gedreht und geklopft hatte. Den ganzen Zeitraum dieses Prozesses, also vom Einlegen des Filmes in die Bakelitbox, die schnelle Aufnahme unterschiedlicher Motive, um den Film voll zu bekommen, bis zum Öffnen der Entwicklerdose begleitete mich eine unsagbare Freude.     

Das Resultat auf dem Film war fast schon egal – Hauptsache es war überhaupt etwas zu erkennen. (Übrigens ist mein Motivbild eines dieser Bilder meines ersten Filmes – ich habe die Box für ein Photo meiner kleineren Schwester übergeben.)

Genau diese Freude empfinde ich heute immer noch, wenn ich mich der Pinholephotograpie, den Experimenten mit Caffenol oder unterschiedlichen Druckverfahren hingebe. Es ist der Prozess, der mich über die gesamte Entstehungszeit von der Idee bis zum fertigen Bild begeistert. Das Bild selbst muß dann nicht mehr perfekt sein. Es kommt plötzlich nicht mehr auf möglichst viel Detailschärfe, möglichst wenig Rauschen oder möglichst geringe Schärfentiefe an. Auch die perfekte Beleuchtung spielt keine Rolle mehr. Das Einzige was zählt, war und ist die Freude.

Genau dieses Gefühl geht mir bei der digitalen Fotografie verloren. Es können in fast unendlicher Anzahl Fotos produziert werden. Die Optiken und Sensorgrößen werden nach Hightech-Qualitäten ausgesucht, die Bilddaten aufwändigen digitalen Nachbearbeitungsmethoden unterworfen und somit qualitativ extrem hochwertige Bilder am Band produziert. Was auf der Strecke bleibt, ist die kindliche Aufregung und die Freude. Ich glaube ein Photo ist zweitrangig, viel wichtiger ist dabei große Begeisterung zu durchleben. In diesem Fall stellt sich automatisch Zufriedenheit ein.          

15.01.2022, 15:19   #2

Handyknipser

nur freude aus dem laborprocess hat mir nie gereicht. es mußte zusätzlich das ergebnis sein. der ehrgeiz es perfekt zu beherrschen. zufriedenheit nach sw dem ersten farbfilm und dann diafilme zu entwickeln die beim fotografieren schon konzentration erforderten was den bildaufbau anbelangte. und die papierbildentwicklung bis zu den diadirektanzügen auf dem ersten ilfordpapier das machte spaß wenn man erfolg hatte. nicht für andere sondern nur für sich. mein erster diadirektabzug auf ilfocrome hänt heute noch an der wand. alle diese anforderungen an mich sind digital geblieben in der digitalen zeit wobei ich durch die diafotografie immernoch versuche das bild bei der aufnahme perfekt hinzubekommen. dadurch spielt die nacharbeit der bilder bei mir eine untergeordnete rolle und ist kein wichtiger teil meines fotohobbys.
16.01.2022, 15:07   #3
@Heinz Licht

 "...der ehrgeiz es perfekt zu beherrschen."
Was ist gemeint der Laborprozess oder das abschließende Ergebnis?

Wobei ja dabei die Frage übrig bleibt was ist als "Perfekt" anzusehen?

@All:
Von meinem Lehrmeister habe ich gelernt, dass nicht immer die vermeintlich richtig erstellte Aufnahme auch diejenige ist welche auch die beste Wirkung zeigt.
Der Vorteil zwischen demjenigen der Geld zu verdienen hat und demjenigen der es aus Spaß an der Freud machen kann ist ja gerade, dass der Amateut sich seine Motive aussuchen kann. Der Profi kann das so nicht.

Ich sehe tatsächlich eher den Spaß am photographieren im Vordergrund. Ich mache das in erster Linie für mich. Daher möchte ich da auch keinerlei Ehrgeiz entwicklen. Ehrgeiz hat mich beruflich in die Depression geführt. Wäre schlimm wenn das auch beim Hobby so wäre.
Die Geburt einer Aufnahme unter Rotlicht ist für mich freude pur. Freude am Handwerk, Freude an der Photographie.

Ich habe auch jahrelang digital Photographiert. Diese Freude habe ich nie gespürt. Es war eher ein abarbeiten mit der notwendigen Pflicht am Rechner die Bilder noch zu bearbeiten. Das ist auf Film anders. Ich fühle mich auch nach zwei drei Filmen nicht erschlagen wie bei der halb vollen Speicherkarte. Ich kann mich häufig in der Duka noch an die Aufnahmedaten erinnern, ohne das ich mir notizen mache.

Ja es ist einfach Spaß am Photographieren. Spaß was neues zu machen. Spaß die Welt anders zu sehen.

Nachher werde ich auch zwei Rollfilme von gestern und heute entwickeln. Und mir ist jetzt schon bewusst ich werde mich freuen wenn ich die Negative das erste mal ins Licht halte. 😉

16.01.2022, 15:41   #4

Handyknipser

immer das ergebnis. es schließt den prozess mit ein. ich bin froh nicht mehr auf die wasserpanscherei angewiesen zu sein um ein ergebnis zu sehen. da habe ich heute die freude eher 😊😊
16.01.2022, 16:46   #5
@Heinz Licht

 
Womit die Frage nach dem was ist ein perfektes Ergebnis bleibt.

16.01.2022, 16:51   #6

Handyknipser

ganz einfach: wenn es mir gefällt.
die diskusion wird langweilig
16.01.2022, 17:13   #7
Sie hat doch gerade erst angefangen, die Diskussion. 
16.01.2022, 17:25   #8

Handyknipser

ich fotografiere lieber als zu theoretisieren. vor allem nicht über unwichtiges für mich. es gibt dinge die habe ich abgehakt weil sie keinen spaß machen. der weg ist nicht das ziel sondern das ergebnis. ich schlage vor: jeder macht sein ding.
16.01.2022, 18:16   #9
Profilfoto
Claas Eckhoff

@Heinz Licht

 Passt schon. Anregungen und Sichtweisen anderer Menschen find ich jedoch durchaus interessant.

17.01.2022, 07:33   #10

Hobbyfotograf

Natürlich benötige ich auch ein Ziel für jede Handlung. Natürlich sortiere ich damit wichtige von unwichtigen Dingen. Und, wenn man sein Zeil nicht kennt, kann man es auch nicht finden.

Was ich jedoch meinte, ist das das Ziel auch eine Leidenschaft auslöst. Oder wie der Philosoph sagen würde: „In der Leidenschaft lebt der Mensch, in der Vernunft existiert er nur.“

Für mich verbindet sich das Erreichen des Ziels nur für einen kurzen Augenblick mit dem Moment des Glücks und was ist dann? Wieder auf zum nächsten Ziel?

Aus diesem Grunde sagt mir meine Lebenserfahrung. Es ist nicht wichtig, das Ziel zu erreichen, um dann glücklich zu sein, sondern glücklich sein Ziel zu erreichen.

Gruß Leo

17.01.2022, 08:34   #11
Profilfoto
Dirk Peschen

Im Prinzip bin ich ebenfalls froh, dass ich nicht mehr mit dem Wasser herum matschen muss, um meine Ergebnisse zu sehen, obwohl es Spaß gemacht hat.
Heute kann ich direkt beim Shooting meine Ergebnisse sehen und ggf. auf einem Laptop genau bewerten. Gerade die Lichtsetzung, wie ich sie im Studio oft verwende kommt es auf Genauigkeit an. Manchmal geht es bei der Lichtsetzung um Zentimeter, ob der gewünschte Effekt erreicht wird. Sicher wäre das auch Analog machbar, aber die Bilder, die mich nicht zufrieden stellen wären doch deutlich teurer und sicher auch große Mengen einfach für den Papierkorb. Der Kreative Prozess, die Planung, Umsetzung und auch die Nacharbeit sind heute genau so eine Herausforderung, so dass ich die Freiheiten, die mir die neue Technik bietet sehr mag.
17.01.2022, 22:23   #12
Der Spaß am fotografieren hat fûr mich viele Dimensionen. Zudem kann man nicht verallgemeinern, was wem Spaß macht.
Wenn ich Musik mache (komponiere, Texte schreibe, das ganze aufnehme und produziere) geht es mir überhaupt nicht um Bühne, Applaus oder ähnliches, sondern tatsächlich um den Prozeß. Wenn das Freunde oder ein kleines Publikum gut findet ist das schön, aber mir nicht wichtig.

Bei der Fotografie gibt es Verschiedenes, an dem ich viel Freude und Spaß habe:
- Die Kamera, ich liebe es, damit umzugehen, sie auf meine Bedürfnisse anzupassen soweit möglich, ihre Möglichkeiten zu kennen und sie zu besitzen und "beherrschen", fast blind sicher mit ihr umgehen zu können.
Der Psychologe nennt das wohl "Objektbeherrschung", und das scheint in in der Entwicklung von Kindern eine wichtigen Sache zu sein. Auf dem Weg dahin gibt es auch viel Frustration zu ertragen und bewältigen. Und es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben 🙂
- Ein Motiv zu finden, egal ob Landschaft, Street, was auch immer, was mich eben interessiert, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, zu entdecken, eine eigene Sicht auf die Dinge zu entwickeln, eine Komposition, Perspektive zu finden, unterwegs zu sein (besonders Reise und Landschaft) und meine Kamera zu nutzen und mich auf ihre (und meine) Begrenztheit einzulassen und daraus und damit als kreativer Prozeß etwas festzuhalten.
- Bildbearbeitung, aus dem Bild, was ich gemacht habe, das zu machen, was mir und dem Betrachter zeigt, was ich gesehen, erlebt habe, quasi die zweite kreative Stufe auf dem Weg zum Bild. Auch hier wieder viel Zeit, Freude und Frust, also Lebendigkeit auf gewisse Weise.
- Das Bild, für mich in letzter Konsequenz das gedruckte, begreifbare Bild, das digitale ist die erste Stufe, aber richtig zufrieden (und manchmal auch unzufrieden) bin ich erst, wenn ich das in den Händen halte. Und das ist ein für mich sehr schönes Gefühl, wenn ich etwas geschaffen habe, was mir richtig gut gefällt.

Im Grunde ist jede Form der Kreativität (und des Lebens allgemein) auf der Ebene des Unterbewußtseins eine Form, dem Dasein etwas abzugewinnen (einen Sinn geben?) und in letzter Konsequenz dem Tod in den Hintern zu treten, bis er einen halt erwischt. Und vor dem Hintergrund ist es egal, womit ich mich beschäftige, ob ich sammel oder beobachte, laufe, reise, YoYo spiele, Fahrrad fahre, fotografiere, filme, oder was auch immer - Hauptsache (aus meiner Sicht) es erfüllt mich mit Leben und gibt mir einen Zugang zu mir Selbst.
Es lässt sich nicht darüber streiten, jeder hat das Recht, und ob das produktiv, dysfunktional, destruktiv, hilfreich oder hilflos oder was immer ist.

*Philosophiemodus aus*
Entschuldigt, da ist es wohl mit mir durchgegangen 😉
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