21.08.2021, 08:40   #1
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Richard Rduch

Fotografie oder keine Fotografie

Bildbearbeitung und Manipulation gehören von Anfang an* zur Fotografie. Es ist Fakt. Die meisten Fotos, auch die sog. Ikonen der Fotografie sind gefälscht (inszeniert und als spontan deklariert oder manuell retuschiert, verfremdet oder „korrigiert“. Es ist auch Fakt.

Ein Foto muss die absolute Wahrheit nicht zeigen, solange es sich um kein Dokument oder Beweis für irgendwas handelt. Ich behaupte, ein Foto muss nicht ein Abbild der Realität sein. Ein Foto kann ein Bild sein, kreiert mit Hilfe eigener Fantasie, einer Kamera und Entwickler-Tools denn Bildbearbeitung ist fest mit der Fotografie verbunden, ob man das will oder nicht. Viele sagen: „Ja, aber es gibt Grenzen!“. Eigentlich ist keiner in der Lage die genaue Grenze (objektiv und nachvollziehbar) für Bildbearbeitung/Bildmanipulation zu nennen, wann geht das zu weit und warum gerade hier?

Eins ist klar, unsere Empörung, unsere evtl. Proteste, unsere Liebe zum Purismus und zur „echten“ Fotografie ändern nichts, die Welt geht weiter, mit oder ohne uns. Entscheidend ist sowieso das Endprodukt, gefällt oder gefällt nicht. Die Entstehung interessiert die wenigsten.

Ich glaube, in der Fotografie finden alle Platz: Fotografen, Fotografiker, straight photographers, Bildgestalter, Fotokünstler und wie sich alle nennen. Toleranz ist dabei vielleicht zu wenig, eher Akzeptanz. Ob man will oder nicht, Bildbearbeitung spielt große Rolle in der Fotowelt und die Rolle wird immer größer.

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* 1868 Buch „Negative developing and after-manipulation“ - Techniken zur Bildmanipulation, von leichten Korrekturen bis Überlagerungen, Mehrfachbelichtungen so wie Köpfe und Inhalte austauschen

* Um den 1850 war schon Komposografie (retuschierte Bildcollage) bekannt

 

 

21.08.2021, 16:38   #2
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Mali Fox

Zitat: Eigentlich ist keiner in der Lage die genaue Grenze (objektiv und nachvollziehbar) für Bildbearbeitung/Bildmanipulation zu nennen, wann geht das zu weit und warum gerade hier? Zitat Ende

Für mich ist die Grenze überschritten, wenn Bilder so manipuliert werden, das Menschen damit geschädigt werden. Ansonsten kann ich dem Beitrag voll zustimmen. 

21.08.2021, 18:17   #3

Hobbyfotografin

Bildbearbeitung ist ein Instrument, was eigentlich kein Hobbyfotograf kategorisch ablehnen sollte. Ein gutes Bild ist für mich dann ein gutes Bild, wenn mir das Bild gefällt und ich sagen kann - Ja genau so.

Natürlich ist es so, dass man die Einstellungen und das Motiv gleich richtig und optimal wählen sollte, dass das Bild schon mal gut aussieht - mancher sagt dann - so passt es mir, okay, dass muss man akzeptieren.
Aber ich finde, bei jedem Bild kann man trotz optimaler Einstellungen noch immer etwas verbessern. Sei es an den Tiefen/Lichter etwas zu korrigieren, oder den Horizont begradigen, stürzende Linien sind auch nicht immer passend bzw. stören oder eben Sensorflecke oder sonstige störende Elemente zu entfernen.

Das alles sind Instrumente, die man anwenden sollte. Ich weiß, bereits da scheiden sich die Geister und auch bei meinen Freunden wird das Thema immer wieder hitzig diskutiert, weil viele der Meinung sind, jede Bearbeitung verfälscht bereits ein Bild - das sehe ich nicht so.
Und dann kommt noch dazu - Himmel austauschen. Ja warum nicht ?
Wenn ich an einem Ort bin, der mir ein tolles Motiv bietet, ich aber nicht viel Zeit habe, der Himmel ausgebrannt und fade ist - dann finde ich das nicht wirklich ein manipulieren eines Bildes, wenn ich da mal den Himmel anpasse. Ich hätte ja auch Glück haben können und einen schönen Himmel erleben. Warum soll ich dann nicht fotografieren bzw. das Bild für die Tonne machen, weil es einfach nicht gut aussieht, wenn ich daran etwas verbessern kann.
Solange ich damit niemanden schädige, finde ich Bildbearbeitung fast mindestens genauso interessant und kreativ, wie das Fotografieren selbst.
Ein Foto muss in erster Linie gefallen, interessant sein und das was ich mit dem Foto bezwecke erfüllen. Immer mit dem Hintergrund - warum, für welchen Zweck und für wen habe ich fotografiert, je nachdem bearbeite ich dann ein Foto - oder nicht. 

Soweit meine Einstellung zu Bildbearbeitung, einer noch in den Anfängen der Fotografie und Bearbeitung steckenden Hobbie Fotografin.  
21.08.2021, 18:44   #4

Hobbyfotograf

@Mali Fox
@Richard Rduch

@Gabi Brabenec
Ich sehe das genau so.
In der Kunst besonders in der Malerei ist dies seit Jahrhunderten gang und gebe - Bilder zu übermalen oder die gemalten Personen besser und schöner darzustellen als sie sind.
(sonst hätte so manchen Landesherr einen Maler um einen Kopf kürzer gemacht)
Bei den Bildhauern ist es das selbe.
Warum nicht in der Fotografie.
Was mich immer so verwundert - ist man erfolgreich sind alle Bilder große Klasse - egal wie sie ausschauen und gemacht worden sind.
Aber auch im persönlichen Umfeld reden Laien und nicht Fotografen über Dinge die sie garnicht beurteilen können (ist in anderen Bereichen auch so üblich)
erlebe ich immer wieder. Deshalb bin ich hier um mit Gleichgesinnten über das Thema Fotografie mich ausszutauschen.
In erster Linie muß mir ein Bild gefallen, wenn es dann noch anderen zusagt ist das schön und freut einen. (hoffe ich doch)
Wie es entsteht ist meine Sache, natürlich gibt es Regel und Grundlagen die man beachten sollte aber nicht muß - auch meine Sache.
Wenn andere damit nicht zurecht kommen - deren Problem.
Natürlich und um hier auf das Thema zu kommen, in einer Gemeinschaft wird es immer unterschiedliche Meinungen geben, um zu einem Ergebnis zu kommen - ist normal.
Das Wunderwort heißt eigentlich nur AKZEPTANZ und damit haben einige ihr Problem.
Für micht ist Fotografie Hobby - Spaß - Freude am zeigen der Bilder - sich weiter entwickeln und dieses zu spüren das man sich verbessert hat.
Solange Fotos im Spiel sind ist es mir egal wie diese Bearbeitet werden - nur das Ergebnis zählt.
Ob Composing oder das Blumenbild alles hat seine Berechtigung.
Es ist auch Interessant mal wieder bei Wikipedia zu lesen - was ein Foto eigentlich ist.
Alles ist frei und jeder kann - Hauptsache Licht ist im Spiel als Lichtmalerei.



22.08.2021, 09:33   #5

Hobbyfotograf

Nun ich finde "Fotomontagen" sind wie "Science Fiction". Man kann das Bild ansehen, es ist aber nicht real.
Ein Foto ist genau der Moment, welchen man beim Abdrücken des Auslösers festgehalten hat und man auch aus diesem Grund nicht nochmals wiederholen kann, weil Licht, Position, eventuell Motiv nach wenigen Sekunden schon wieder ganz anders beschaffen sind.

Der richtige Zeitpunkt am richtigen Ort sind da entscheidend unabhängig davon ob das Bild dann gut oder schlecht ist.

Ich mag beides.

 

22.08.2021, 15:53   #6
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Mali Fox

Ich finde, man kann Fotografie nicht mit Bildbearbeitung in dem Sinne vergleichen wo aus Fotografien neue Bilder entstehen. Aber für mich ist die Fotografie wichtig, denn ohne sie könnte ich nicht mein Hobby ausüben. :-D  
22.08.2021, 16:37   #7
Richard Rduch hat es für mich auf den Punkt gebracht !!
Genau das ist auch mein Standpunkt zum Thema "Bildverarbeitung bzw. Composing.

Michael
22.08.2021, 16:53   #8

Hobbyfotograf

Ich finde, man kann Fotografie nicht mit Bildbearbeitung in dem Sinne vergleichen wo aus Fotografien neue Bilder entstehen. 

 Genau das was ich sage! 👍

23.08.2021, 21:56   #9
Meiner Meinung nach gehört die Bildbearbeitung zu jedem Foto dazu. Und wenn man es genau nimmt, ist bereits die RAW-Entwicklung eine Bearbeitung. Wir wollen alle, dass sich unser Foto von ein und demselben Motiv von den Fotos der anderen 'abhebt'. Da gehört dann halt der Stil oder Look des Fotografen dazu. Muss ein Foto immer realistisch sein? Meistens sind es doch die Fotos, die nicht ganz realistisch aussehen, die Bilder, an denen wir hängen bleiben 😉
23.08.2021, 22:43   #10

Hobbyfotograf

Wenn ein DJ einen Hit zusammen mixt KANN das Ergebnis "besser" sein als das Original.....muss es aber nicht. 
Da entscheidet oft das Marketing und vor Allem der Name des Künstlers. Soweit im Ranking ist, glaube ich zumindest; noch niemand hier im Photoclub.
Bei einem Fotoseminar hatte ich mal die Idee, Original und die bearbeitete Version des jeweiligen Fotos zu zeigen. Damit konnten wir die Vision und Schritte der Bearbeitung viel besser nachvollziehen und es fand immer eine rege Diskussion statt.
24.08.2021, 08:24   #11

Hobbyfotograf

@Volker Böck, dein Beispiel ist gut..... sehen wir es uns einmal an:

Ein DJ mischt einen Hit (aus Musik anderer Künstler) zusammen... daraus wird ein neuer Hit. 

Dies sagt aber nicht, dass der DJ musizieren kann. Er hat aus der Musik, anderer, etwas geschaffen... Er hat keine Musik gespielt.

Genau so beim Foto, wenn ich ein Foto aufnehme, fotografiere ich.

Wenn ich "mehrere" Fotos zusammen mische, sagt dies aber nicht, dass ich fotografieren kann. Dies kann ich ja auch mit Fotos von anderen Künstlern!

Da liegen die Unterschiede. Verbessern ist glaube ich normal, mehrere Bilder zusammensetzen, ist zwar eine Kunst, alleine aber keine Fotografie.

24.08.2021, 09:21   #12
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Richard Rduch

Ein DJ mischt mehrere fremde Musikstücke. Er muss nicht unbedingt musizieren können. Am Ende kommt aber Musik raus.

Ein Computerfreak mischt mehrere fremde Fotos. Er muss nicht fotografieren können. Am Ende kommt aber ein Foto raus.

Beide dürfen das, es ist erlaubt (unter Bedingnungen) und am Ende kommt Musik oder Foto raus.

Ob Musikcover oder Foto-Composing sind anerkannte Formen der Kunst.

Beide gehören zu Musik oder Fotografie.

Ob uns das gefällt oder nicht.

 

PS.

Persönlich finde ich natürlich Foto-Composing mit eigenen Fotos viel besser.

Nur dann kann ich mich als richtiger Autor fühlen.

 

24.08.2021, 09:46   #13

Hobbyfotograf

 

Persönlich finde ich natürlich Foto-Composing mit eigenen Fotos viel besser.

 


Genau da, ist der Punkt wo ich Dir Recht gebe.

Wo ich Dir kein Recht gebe, ist bei der Definizion Foto:
Hier (da Du wohl kein Freund der Wiki bist) ein Zitat von "Wortbedeutung.info"

 

"Wortbedeutung/Definition:

1) mit Hilfe eines Fotoapparates erzeugtes Bild – Kurzform für Fotografie"

Die Definition, legen nicht Du oder ich fest, Sie wurde bereits festgelegt als wir beide noch nicht geboren wurden und zwar von dem (Erfinder) der genau wusste was Er will.
Setzt Du also mehrere Fotos "am Computer" zusammen, erschaffst Du ein "Bild", eventuell sogar ein Kunstwerk aber kein neues FOTO.

Eventuell verstehst Du ja, jetzt so was ich sagen möchte.
Deine Arbeit ist nicht ohne und einige deiner Bilder sehr gut.... nur die zusammengesetzten sind keine Fotos mehr, sondern Bilder.
Es geht nicht um die Arbeit, sondern um den Begriff, die Definition. 
Und es geht um das Zusammensetzen, das neu Kreieren, nicht um die "normale" Nachbearbeitung. 
24.08.2021, 10:19   #14
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Richard Rduch

@Walter Busch

 

Wenn eine Montage (Composing) aus einzelnen mehreren Fotos (mit einer Kamera erzeugten Bilder!) entsteht, dann kommt am Ende auch ein Foto. Für mich ganz logisch und nachvollziehbar. Nach Wikipedia gehört diese Form ganz klar zur Fotografie (künstlerische Fotografie). Es ist sowohl Bild wie auch Foto und es geht nur um (nebensächliche) Benennung.

 

24.08.2021, 15:10   #15

Administrator

"Wortbedeutung/Definition:

1) mit Hilfe eines Fotoapparates erzeugtes Bild – Kurzform für Fotografie"
Die Definition, legen nicht Du oder ich fest, Sie wurde bereits festgelegt als wir beide noch nicht geboren wurden und zwar von dem (Erfinder) der genau wusste was Er will.
Setzt Du also mehrere Fotos "am Computer" zusammen, erschaffst Du ein "Bild", eventuell sogar ein Kunstwerk aber kein neues FOTO.

 
Ich würde Wikipedia da vorziehen:
Fotografie oder Photographie (aus altgriechisch φῶς phōs, im Genitiv φωτός photós ‚Licht‘ und γράφειν graphein ‚schreiben‘, ‚malen‘, ‚zeichnen‘, also „zeichnen mit Licht“)

18.09.2021, 09:24   #16
Eine Manipulation findet schon statt wenn der Auslöser gedrückt wird: was fotografiert man, was lässt man weg.
Z.B. werden die hübschen Fischerboote am Strand fotografiert, die hässliche Lagerhalle im Rücken des Fotografen jedoch nicht.

LG, Mike
27.12.2021, 15:39   #17
Die Möglichkeiten der ursprünglichen Fotografie bezüglich Manipulationen waren begrenzter und die Wiedergabe der "Realität" mit fotografischen Mitteln war eben durch die technischen Gegebenheiten beschränkt und somit keine "Manipulation" im Sinne, wie wir es hier diskutieren. Gerade die scheinbare Realitätsnähe hat die Fotografie damals von der Malerei abgegrenzt. Aber wie der Mensch (oder zumindest einige davon) nun so ist, fängt er an, kreativ alles zu nutzen, um seinen Ausdruck zu finden.
In der Entwicklung der Fotografie gab es dann, nicht zuletzt auch durch den technischen Fortschritt, immer mehr Möglichkeiten, dem fotografische Bild durch Manipulation einen persönlichen Ausdruck zu verleihen (bis zur künstlerischen Verfremdung, in der das eigentliche nicht mehr vordergründig erkennbar ist). In den heutigen Möglichkeiten kann man sich wahrlich auch verlieren, und nicht selten verliert sich aus meiner Sicht dabei auch das Bild und deren Aussage. Und auch in der Manipulation gibt es große Qualitätsunterschiede, und um das auf die Spitze zu treiben gibt es qualitativ hochwertig manipulierte Bilder, die nichtssagenden sind, wie auch qualitativ (im Sinne von handwerklich) schlecht manipulierte Bilder, die als große Kunst gelten!
Schwer, das in irgend einer Form inhaltlich noch zu diskutieren, oder? Es geht immer was verloren und Neues kommt hinzu. Menschen laufen heute wieder mit Großbildkameras herum oder verwackeln ihre Bilder mit hochwertigen Digitalkameras (ICS nennt man das glaube ich) zu empfundenen Kunstwerken.

Und aus meiner Sicht sind das alles liebenswerte Versuche, aus seinem Leben irgendetwas abzuleiten, was einem (oder auch anderen) etwas gibt. Und das finde ich in allem Maße hochgradig legitim und wert jeder Anerkennung, wenns auch manchmal schwer fällt 😉
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